Estartit – Salzwasser, Zackenbarsche und viel Patsch-Nass (Lesezeit 8 Minuten)
Von Janina Rüger-Aamot
Fotos: Peter Kästle, Ric Zimmermann, Patrick Bachowski, Andi Stolz
Wenn eine Reise ruhig beginnt, ist das bereits ein gutes Omen. Unsere Anfahrt nach Estartit verlief genau so: still, routiniert – und für manche von uns sogar verschlafen. Kein Wunder, denn die PSV-Taucher reisen schon seit Jahrzehnten in den kleinen Stunden der Nacht gen Mittelmeer. Mehrere Kleinbusse starten zuverlässig von Stuttgart aus – organisiert von einem Mann, der so fest zum Verein gehört wie die Maske zum Schnorchel: Gründungsmitglied und Buslogistiker aus Leidenschaft. Wer den Namen kennt, hat schon einen Punkt im unserem kleinen Quiz gewonnen (am Ende des Artikels!).
Einrollern im Urlaub – mit Meerblick

Angekommen gegen Mittag. Die Fahrt verlief gut und nachdem wir unsere Zimmer bezogen haben, treffen wir uns am Strand, um dort eine Kleinigkeit zu essen. Der Blick aufs Meer in einer tollen Strandbar bringt uns endgültig in den Urlaub. Heute Nachmittag um 16:00 Uhr treffen wir uns alle an der Tauchbasis, um die Kisten zu packen. Am Nachmittag geht’s zur Tauchbasis EL REI DEL MAR (siehe Infobox). Dort wartet unser „Lager“ – ein eingespieltes System aus Boxen, Schränken und einem super Team. Und natürlich ist auch hier einer unverzichtbar: Andi. Der Mann mit dem Buddy-Zettel. Vor jedem Tauchgang teilt er gewissenhaft die Buddys ein – immer mit einem prüfenden Blick auf die 4-Sterne-Regel.
Tauchgänge voller Begegnungen

Der erste Tauchgang – El Salpatxot. Viel Fisch, große Zackis, Drachenkopf, Einsiedlerkrebs, Goldstriemen und ein Oktopus, der uns eine Weile an seiner Bewegung teilhaben lässt. Nach dem Auftauchen klebt das Salz auf der Haut. Ich liebe dieses Gefühl.
Was tun nach dem Tauchgang und vor dem Abendessen?
Wasserball im Pool! Wir versuchen alle, den Wasserball so lange wie möglich in der Luft zu halten. Jeder Ballkontakt zählt. 3, 5, auch mal 13. Der Rekord an diesem Tag sind 18 Ballkontakte bevor der wieder im Wasser landet…. Gar nicht mal so … nun ja… Luft nach oben ist ja immer. Aber es macht halt Spaß!
Der Vortrag, dem man sich nicht entziehen kann
Und dann ist da dieser eine Abend, der wie jedes Jahr „drinnen“ stattfindet. Nicht etwa, weil das Wetter schlecht ist – sondern weil Günthers Vortrag ruft. Thema: Die Medes-Inseln – unser Tauchrevier direkt vor der Haustür. Eine Stunde, in der wir lernen, warum dort riesige Zackenbarsche wohnen dürfen, wie die Geologie die Sichtverhältnisse beeinflusst, und warum Napoleon indirekt sowieso an allem schuld ist.
Natürlich zu spät mit zwei Rotwein und vier Mojito schleichen Ingo, Micha und ich unter den tadelnden Blicken von Günther in dessen Vortrag. Aber nachdem wir – sehr, sehr leise – angestoßen haben, lauschen wir noch aufmerksamer Günthers Ausführungen. Er spricht über den Fallwind Tramontana, der einem jeden Tauchurlaub versauen kann. Aktuell haben wir Südwind, also allet jut. Die hiesigen Fischreichtümer sind einzigartig im Mittelmeer. Und wer diesem Referat nie beigewohnt hat, wird nichts etwas über den Finger Gottes erfahren. Das bleibt den Eingeweihten vorbehalten.
Es soll ja Einstern-Taucher geben, die tatsächlich glauben, sie müssten dieser Einführung in die regionale Unterwasservielfalt nicht beiwohnen. Diesen Irrtum konnten wir Gott sei Dank rechtzeitig ausräumen. Die ewige Dankbarkeit der betreffenden Tauchnovizen ist uns nun sicher.
Besonders empfiehlt Günther einen Tauchgang am Pedra de Déu– Schöne Steilwand mit Langusten und Gorgonien. Spontan entfährt es Ingo: Das ist geil!
Ich bin gespannt, ob wir die Chance haben werden, das zu checken.
Mit verdientem Applaus endet der Vortrag und Regine feiert mit uns ihren 400. Tauchgang.

Tascó Gros
Einer der eindrucksvollsten Plätze rund um die Medes-Inseln. Eine majestätische Steilwand mit leuchtenden Gorgonien bot den Rahmen für einen Tauchgang, der in Erinnerung bleibt. Als wir am tiefsten Punkt angekommen waren, entdeckten wir einen kleinen, geheimnisvollen Torbogen. Beim Aufstieg ein Blick nach oben, durchs sonnenbeschienene Wasser – und dort, ganz ruhig und erhaben, bildete ein Schwarm Barrakudas einen in sich drehenden Kreis.
Taufe mit Helium, Rotwein und Meeresfrüchten

Und dann: Taucher-Taufe. Wie jedes Jahr eine Mischung aus Neptun-Mythos und Vereins-Klamauk, mit Neptun, schwarzem Korsar und zwei wunderschönen Nixen. Helium-Luft, Meeresfrüchte (symbolisch und essbar, also zumindest nicht grob gesundheitsschädlich), Salzwasser, Fischernetz und natürlich: Rotwein. Wer hier neu ist, wird aufgenommen – wer schon lang dabei ist, vielleicht auch endlich getauft. Sogar ein Taucher mit über 40 Jahren „Taufverzug“ kommt in den Genuss.

Es sind einige Täuflingen in diesem Jahr. Und außerdem feiern wir natürlich auch die zwei Geburtstage, die mit relativer Zuverlässigkeit in die Pfingstferien und damit in die Estartit-Zeit fallen.
Beim Frühstück am nächsten Morgen waren noch nicht alle dabei. Und einigen derer, die sich schon bis zum Kaffee durchgekämpft hatten, sah man die Nacht tatsächlich noch an. Aber es war ein traumhafter Abend am Strand mit Sternenhimmel und Lagerfeuer.
Grottentauchen, Gruppen führen, Richtung korrigieren
Wir packen unsere Taschen für das Tauchboot, und alles deutet darauf hin, dass es nach El Dofí geht – jene legendäre Höhle, deren Eingang von einer kleinen, delfinförmigen Statue markiert ist. Es heißt, wer seine Schnauze berührt, hat Glück – also ein Muss.
Zurück von Dofí Nord sind wir überwältigt: Gleich drei Höhlen liegen an diesem wunderschönen Tauchplatz. Zuerst tauchen wir durch den Tunnel, der direkt am Delfin endet. Auf unserem Weg begleiten uns große Zackenbarsche, Drachenköpfe, Einsiedlerkrebse – und ein leuchtend roter Seestern, der wie ein Farbklecks zwischen den Felsen liegt. Ein Tauchgang voller Stille und Licht, bei dem sich die Sonnenstrahlen mystisch durch die Felsspalten und Höhlengänge brechen. Besonders beeindruckend ist der große Raum, den die Einheimischen ehrfürchtig „Kathedrale“ nennen – mit seinen hohen Wänden und dem flirrenden Licht wirkt er tatsächlich wie ein sakraler Ort unter Wasser.
Wieder an Bord ruft plötzlich jemand: „Mola Mola!“ – und alle stürzen zur Reling. Drei Mondfische sollen an der Wasseroberfläche gesichtet worden sein. Einer winkt mit der Flosse, bevor alle drei langsam wieder in die Tiefe verschwinden. Ein fast magischer Moment.
Ein weiteres Highlight war in diesem Jahr La Vaca – ein anspruchsvoller Tauchplatz mit Höhlen und Durchgängen. TeilnehmerInnen des Grottentauch-Sonderbrevets übernahmen dabei selbst die Führung.
An Land – und nun?
Auch ein kleiner Ausflug durch die Innenstadt lohnt sich. An einem Nachmittag haben wir Pause gemacht und sind ein bisschen bummeln gegangen. Kleine Lädchen wechseln sich ab mit Eisdielen und Cafés. Im mediterranen Ambiente einen Kaffee genießen, gemütlich plaudern und natürlich auch das ein oder andere Souvenir mitnehmen.
Und immer gibt es etwas zu feiern – Bei einem Jubiläum, einem runden Tauchgang oder auch einem neuen Stern wird angestoßen und gesungen. Tatsächlich hatten wir jeden Abend einen solchen Anlass. Wir haben jetzt also viel Training für ein Patsch-Nass-Brevet, das man eigentlich unbedingt einführen müsste.
Am letzten Abend sitzen wir wieder zusammen, loggen unsere Tauchgänge, erzählen die besten Geschichten nochmal. So wie das Ende eines Tauchgangs: Da fanden sich die Gruppen nach und nach wieder zusammen und nahmen Kurs auf das Boot – nur leider in die falsche Richtung. Silke löste das pragmatisch: Kurzer Blick über Wasser, 180°-Wendung und schon passt’s. Oder die Geschichte wie der „McGyver“ unserer Tauchbasis mal eben einen kaputten Atemregler auf dem Boot repariert. Ich selbst freute mich besonders über einen leuchtend gestreiften Plattwurm, den ich bei den Ferranelles gesehen habe. Und alle finden: Das war eine besondere Woche.

Quiz (Antworten weiter unten – nicht schummeln! 🙂 )
1 Wer organisiert seit 19XX die Busse nach Estartit?
2 Eine weitere Tradition der Estartit-Ausfahrt ist es, dass wir uns an einem Abend statt draußen auf der Terrasse den Sommerabend zu genießen, in einem Hinterzimmer versammeln, um Günthers Ausführungen zu lauschen. Was ist Thema dieses wiederkehrenden Vortrages?
A) Grundkenntnisse der katalanischen Sprache und Kultur
B) Theorie-Auffrischung zum Lebenszyklus des hier besonders geschützten Zackenbarschs
C) Vortrag über die Medes-Inseln, unser Tauchgebiet vor Ort
3 Wie viele Tauchgänge konnte man in diesem Jahr maximal machen?
A) 11
B) 12
C) 13
Die Tauchbasis in Estartit EL REI DEL MAR
Professionelle, mehrsprachige Guides
Moderne Boote, gut gewartete Leihausrüstung
Direkt am Hotel gelegen, kurze Wege
Ideal für Gruppen, auch Anfänger willkommen
Website: www.elreidelmar.com
Empfohlene Tauchplätze rund um die Illes Medes
- Pedra de Déu: Tunnel, Grotten, Langusten, Fischreichtum
- La Vaca: Felsbögen, Lichtspiele, Barrakudas, Gorgonien
- El Dofí: Felsdurchbruch, Delfinform, riesige Zackenbarsche
- Tascó Petit: Überhänge, Wandtauchen, Drachenköpfe
- Carall Bernat: Tiefe Steilwände, Barrakudas, Stachelmakrelen
Quiz-Lösungen
Wer organisiert die Buslogistik seit Jahren? → Jürgen Horka
Was ist das Thema von Günthers Vortrag? →C) Die Medes-Inseln
Wie viele Tauchgänge konnte man maximal machen? → C) 13

PS: Unbedingt abends zusammen auf der Terrasse am Pool sitzen – Sangria, gute Gespräche und Blick in den Sternenhimmel inklusive.